Ein anerkanntes Modell aktueller Trauerforschung stellt das Duale Prozessmodell (Stroebe und Schut, 2010) dar.
Das Besondere am Dualen-Prozessmodell, im Vergleich zum Aufgabenmodell (Worden) oder Phasenmodell (Kast) ist, dass die Auseinandersetzung mit dem Verlust abwechselnd zwischen zwei Polen erfolgt, die miteinander konkurrieren und sich nicht gleichzeitig bearbeiten lassen. Das bedeutet, die trauernde Person kann sich immer nur einem Pol zuwenden und ist quasi gezwungen in dieser Zeit, den anderen Pol zu verdrängen. Die beiden Pole sind zum einen der „verlustorientierte Pol“ und zum anderen der „wiederherstellungsorientierte Pol“.
Auf der verlustbezogenen Seite setzen sich Trauernde mit ihren Erinnerungen, Sehnsüchten, Gefühlen, und ihrem Schmerz auseinander. Dieser Pol hat also etwas mit der verstorbenen Person und der gemeinsamen Bindung zu tun.Die Auseinandersetzung mit den Gefühlen, die der Verlust hervorruft hilft ihn als nicht änderbar anzuerkennen und die Beziehung zum Verstorbenen zu bewahren.
Auf der wiederherstellungsorientierten Seite, setzen sich Trauernde mit den praktischen Dingen, also zum Beispiel der Organisation ihres Alltags und möglicher neuer Lebensperspektiven auseinander. Die wiederherstellungsorientierten Bewältigungsstrategien helfen uns unser Leben, welches unweigerlich weitergeht, zu organisieren, neue Rollen auszuprobieren und neue Beziehungen zu knüpfen.
Die Betrachtung des Trauerprozesses aus dieser Perspektive, verändert auch den Blick auf Zustände von Vermeidung und Verdrängung. Viele Trauernde, die zu uns in die Beratungen kommen, haben Angst, sie könnten Ihre Trauer zu sehr verdrängen und befürchten dann daraus resultierende Spätfolgen. Dieser kausale Zusammenhang ist jedoch wissenschaftlich überhaupt nicht belegt. Vielmehr sind die Phasen, in denen der Verlust in den Hintergrund tritt, ich ihn gar verdränge, wichtig, denn Sie sind auch Phasen der Erholung. Trauer ist nicht linear. Kein Mensch würde einen permanenten Trauerschmerz aushalten. Bei Kindern, die anders als Erwachsene weniger von gesellschaftlichen Konventionen bezüglich „richtiges Trauern“, beeinflusst sind, kann man das gut nachvollziehen. Sie trauern „pfützenweise“. Das bedeutet sie springen in eine Pfütze rein, sind traurig und im nächsten Moment springen sie wieder heraus und wenden sich Ihrem Spiel zu.
Ein Gleichgewicht zwischen den beiden Polen ist sinnvoll, aber auch typabhängig. Die Erfahrung zeigt, dass zum Beispiel Männer eher auf dem „wiederherstellungsorientierten Pol“ agieren.